Haushaltsrede 2025 der FDP in der Gemeinderatssitzung am 12.11.2025:
Haushalt 2025
Verantwortung übernehmen in schwierigen Zeiten – für eine zukunftsfähige Stadt Ostfildern
von Joachim Werner
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Bolay,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Bürgerinnen und Bürger,
wir beraten heute über den Haushaltsentwurf für 2026. Nachdem der letzte Haushalt als „mäßig gut“ galt, liegt uns nun ein Entwurf vor, der als „absolut nicht zufriedenstellend“ beschrieben wird. Der Ergebnishaushalt weist ein Defizit von 8,3 Millionen Euro aus – ein Umstand, der niemandem leichtfällt. Mein Dank gilt allen Beteiligten, besonders Herrn Rommel und Herrn Weisbarth, für ihre Akribie, ihr Durchhaltevermögen und ihr Verhandlungsgeschick.
Kommunale Aufgaben – ohne ausreichende Finanzierung
Dass sich die Lage weiter verschlechtert, war absehbar. Wer die Presse verfolgt, erkennt: Die Finanzlage ist überall angespannt. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund warnt seit Jahren davor, dass Kommunen immer mehr Aufgaben übernehmen müssen – etwa in Kinderbetreuung, Integration, Digitalisierung und Klimaschutz – ohne ausreichende Finanzierung. Das führt zu struktureller Überforderung und gefährdet unsere Handlungsfähigkeit.
Steigende Ausgaben – vor allem im Personalbereich
Diese Aufgaben sind wichtig – und sie kosten Geld. Sie treffen auf eine Verwaltung, die bereits alles daransetzt, Ausgaben zu begrenzen. Dennoch gelingt kein Haushaltsausgleich, denn die Ausgaben steigen schneller als die Einnahmen. Die Personalkosten wachsen um 2,1 Mio. EUR. Der Stellenzuwachs bleibt moderat, doch die Tarifsteigerungen treiben die Kosten. Besonders in der Kinderbetreuung ist der Personalbedarf berechtigt. Aber darüber hinaus braucht es Disziplin: Neue Stellen nur dort, wo sie zwingend erforderlich sind.
Transferaufwendungen – strukturelle Belastung
Auch die Transferaufwendungen belasten den Haushalt massiv. Sie machen sie rund 42,5 % der ordentlichen Aufwendungen aus – ein Plus von 5,8 Mio. EUR. Diese Entwicklung ist besonders belastend, weil sie sich der direkten Steuerung durch die Stadt weitgehend entzieht. Der größte Teil entfällt auf Umlagen wie Kreis- und Finanzausgleichsumlage. Auch die Zuschüsse an Kita-Träger und den Kreisjugendring steigen deutlich. Das zeigt: Selbst bei größter Disziplin geraten wir durch strukturelle Verpflichtungen unter Druck.
Einnahmen – stabil, aber nicht krisenfest
Ein Blick auf die Einnahmen: Die Gewerbesteuer bleibt stabil – das ist erfreulich. Mein Dank gilt allen Gewerbetreibenden in Ostfildern, die wesentlich zur Finanzierung unserer Stadt beitragen. Doch diese Stabilität ist fragil. Die gesamtwirtschaftliche Lage bleibt angespannt, und ein Rückgang wäre ein ernstes Risiko.
Besonders schmerzhaft ist der Fehlbetrag von rund 400.000 EUR bei der neu geregelten Grundsteuer. Diese Reform war keine Entscheidung der Stadt, sondern Folge eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts und des Landesmodells Baden-Württemberg. Uns fehlen diese Mittel – und das trifft unseren Haushalt empfindlich. Ich weiß, dass wir alle betroffen sind, aber ohne diese Einnahmen können wir unsere Aufgaben kaum erfüllen.
Ein wichtiger Schritt zur Stabilisierung wurde durch die Haushaltsstrukturkommission eingeleitet: Gebühren und Entgelte sollen regelmäßig an die Kostenentwicklung angepasst werden. Das ist richtig und notwendig. Die Hundesteuer etwa wurde seit 2009 nicht verändert – in Zeiten anhaltender Inflation ist das nicht tragbar.
Investitionen in die Zukunft unserer Stadt
Ein zentraler Punkt dieses Haushalts sind die Investitionen – fast 20 Millionen Euro fließen 2026 in die Zukunft unserer Stadt. Und wenn wir genau hinschauen, sehen wir: Es sind die richtigen Themen. Wir investieren vor allem in Bildung und Kinderbetreuung – etwa in die Grundschule Kemnat, die Lindenschule, das Kinderhaus Scharnhausen und den Ausbau von Kita-Angeboten. Das sind Investitionen in unsere Kinder und in die Zukunft unserer Gesellschaft.
Gleichzeitig stärken wir die Infrastruktur unserer Stadt – mit Straßenbauprojekten und mit Maßnahmen im Hochwasserschutz. Wir sehen heute, WIE vielerorts in Deutschland die Infrastruktur über Jahrzehnte vernachlässigt wurde. Das darf uns als Kommune nicht passieren.
Wir nehmen für diese Investitionen erhebliche neue Schulden auf – allein 12,5 Millionen Euro im Jahr 2026 – und das wird uns auch in Zukunft belasten. Die Nettoneuverschuldung steigt, und bis 2029 könnte der Schuldenstand auf knapp 80 Millionen Euro anwachsen. Das ist eine große Herausforderung. Aber: Diese Kredite fließen in Projekte, die den Wert unserer Stadt erhalten und ausbauen. Sie sind kein Ausdruck von Übermaß, sondern von Verantwortung.
Persönliches Fazit nach anderthalb Jahren Stadtrat
Nach anderthalb Jahren im Stadtrat möchte ich ein persönliches Fazit ziehen: Ich habe viel über die Arbeitsweise des Gremiums gelernt – aber vor allem über die Stadtverwaltung selbst. Mein Eindruck ist klar: Ostfildern ist in einem sehr guten Zustand. Und das ist kein Zufall. Es zeigt, dass wir bereits vor Jahren begonnen haben, vorausschauend zu handeln. Ohne diese Weitsicht wäre die aktuelle Haushaltslage noch deutlich schwieriger zu bewältigen.
Unsere Schulen sind saniert und gut ausgestattet – das ist ein starkes Fundament für Bildung. Die Unterbringung und Integration von Geflüchteten funktioniert dank engagierter Akteure wie dem Freundeskreis Asyl. Die kommunale Wärmeplanung läuft an, ein wichtiger Schritt für den Klimaschutz. Der Glasfaserausbau ist nahezu abgeschlossen – ein echter Standortvorteil, den viele andere Kommunen verpasst haben. Und auch wenn die Kinderbetreuung weiterhin herausfordernd bleibt, tut die Stadt ihr Möglichstes.
Arbeit im Gemeinderat und persönlicher Dank
Zum Schluss möchte ich noch einen persönlichen Blick auf meine Arbeit im Gemeinderat werfen. Wenn man hier spricht, beginnt man mit „Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister“ – das steht sinnbildlich für den respektvollen und auch sehr förmlichen Umgang im Gremium. Die Zusammenarbeit unter den Fraktionen ist konstruktiv und offen, und ich bin dankbar für den kollegialen Austausch, der unsere kommunalpolitische Arbeit trägt.
Ein besonderer Dank gilt meiner Familie. Meine Frau und meine Kinder unterstützen mich großartig – auch wenn das manchmal bedeutet, auf gemeinsame Zeit zu verzichten oder Einschränkungen hinzunehmen. Ohne diesen Rückhalt wäre mein Engagement in dieser Form nicht möglich. Vielen Dank dafür.
